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von Gerald Henseler

PDJS setzt auf mehr demokratische Bildung: Ex-Rockerboss erzählte Schülern seine Lebensgeschichte

Mann hält Vortrag vor Schülern mit Bild von Waffe auf Bildschirm.
In seinem Vortrag klärte Philip Schlaffer die Jugendlichen an der Wahlstedter Poul-Due-Jensen-Schule auch über die Gefährlichkeit von Schusswaffen auf.Fotos: ohe

Wahlstedt (ohe). Gewaltprävention ist nichts Neues an der Poul-Due-Jensen-Schule (PDJS) in Wahlstedt. Nachdem mehrere Schüler im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren zwei Erwachsene auf dem Schulgelände angriffen, wird sie nun anders wahrgenommen. „Wir tragen unsere Arbeit jetzt offensiv nach außen“, sagt Schulleiterin Annette Grosse. Ab dem kommenden Schuljahr steht für Klassen eine Stunde Demokratiebildung pro Woche auf dem Stundenplan. „Dabei geht es um ein demokratisches, faires Miteinander“, sagt Grosse.

Sie und die Lehrkräfte hätten sich zu keiner Zeit an der Schule bedroht gefühlt, erklärt die Schulleiterin. Für sie ist die Gewalteskalation Ende Juni ein trauriger Höhepunkt – aber auch eine Ausnahme.

Schon vor einem Jahr lud die Lehrerin Gesa Reiners Philip Schlaffer zu einem Vortrag an die Schule ein. Schülerinnen und Schüler des neunten und zehnten Jahrgangs verfolgten gebannt den Vortrag über seine Lebensgeschichte. Schlaffer stieg als Jugendlicher in die rechtsradikale Szene ein, wurde Anführer der neonazistischen Kameradschaft Werwolf, Mitglied bei den Republikanern und der NPD. Er betrieb Geschäfte in der Neonazi-Szene. Schon im Alter von 19 Jahren wurde er erstmals wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. In der Szene war Schlaffer als Geschäftemacher umstritten. Er stieg aus und fand neue Freunde in der Rockerszene. Als Präsident des heute verbotenen Outlaw Motorcycle Club Schwarze Schar MC war er in der organisierten Kriminalität und im Rotlichtmilieu aktiv.

„Mir ging es schlecht. Ich konnte nicht mehr schlafen, hatte Angst, ohne geladene Waffe mit meinem Hund spazieren zu gehen“, erzählt Schlaffer in der Aula der PDJS. Als die Polizei das Clubhaus räumt und den Club verbietet, ist es für Schlaffer wie eine Erlösung.

Er wagte den Absprung. Mit seiner Familie hatte sich der Rockerboss zerstritten. Schlaffer war allein. „Wisst ihr, wen ich da angerufen habe?“, fragte er die Schüler. Die Antwort musste er selbst geben: „Meine Mama.“ Schlaffer ist glücklich, dass er den Weg zurück in seine Familie fand, und zeigt Fotos vom Weihnachtsfest.

Heute engagiert sich Philip Schlaffer sozial. Mit seinen Vorträgen hofft der ehemalige Rocker-boss, junge Menschen vor radikalen Gruppierungen zu warnen. „Tut selbst etwas für Demokratie und Freiheit“, forderte Schlaffer die Schülerinnen und Schüler auf.