Leserbrief: Halbblut ist diskriminierend

Im Basses Blatt wird immer vorbildlich über die Aufarbeitung der NS-Zeit in Segeberg berichtet. Auch in der Stadt gibt es viele positive Aktionen dazu. Aber das Stück der diesjährigen Karl-May-Inszenierung „Halbblut“ zu nennen, ist mehr als nur ein Ausrutscher.
Warum sich die Veranstalter –gerade auch in Zeiten, in denen die extremen Rechten überall marschieren – über so etwas keine Gedanken machen ist schon erschreckend.
Insbesondere, da die Geschichte von Karl May wohl selbst auch unter dem Namen „der schwarze Mustang“ veröffentlicht worden war. Viel Gehirnarbeit hätte es also nicht bedurft, um einen anderen Titel zu finden.
Aber der „alltägliche“ Faschismus ist dann für einmal auch in den Artikel des Basses Blatts dazu hineingerutscht: „Die Titelrolle des Halbbluts Ik Senanda...“ lese ich da. Also nicht nur der Titel der Aufführung, sondern auch die Person des Ik Senanda wird als Halbblut bezeichnet. Halbblut ist ein diskriminierender Begriff für Menschen, deren Eltern verschiedener ethnischer Herkunft, meist verschiedener Hautfarbe sind. Und zwar mit dem Ziel, diesen Menschen als minderwertig darzustellen, da nur ein Elternteil über vorgeblich „wertvolles“ Blut verfügt, das andere, in der Regel nicht weiße Elternteil – in diesem Fall eine amerikanische Indigene – nur „wertloses“ Blut beigetragen hat. Damit sind wir mitten drin in der NS-Zeit.
Darüber hinaus wird diesen Menschen mit der Formulierung „das Halbblut“, wie auch im Basses-Blatt-Artikel formuliert wird, zudem das Geschlecht abgesprochen und zur Sache degradiert. Der Duden schreibt hierzu: „Die Anwendung der biologischen Bezeichnung Halbblut auf Menschen muss, auch wegen des grammatikalischen Neutrums, als diskriminierend angesehen werden.“ Da spielt es auch keine Rolle, dass die Figur des Ik Senander ein Held ist.
Wenn solche Bezeichnungen auf großen Plakaten in der Zeitung auftauchen, dann muss man sich nicht wundern, wenn auf der Straße, in Schulen und Kitas die Kinder von Eltern unterschiedlicher Hautfarbe als Halbblut, Mischling oder unwert beschimpft werden. Denn auch für das, was im Basses Blatt steht, gilt: Worte schaffen Realität, und wer veröffentlicht hat Verantwortung.
Gerd Hansen
Geschendorf